Familie Neumann – das Sonderangebot der Woche!

30. März 2019

Wer die Premiere des Theaterstückes „Sale“ von Georg Heinzen am Staatlichen Landschulheim Marquartstein am 24.3.2019 miterlebt hat, hat allen Grund zum Nachdenken:

Deutschland steht vor dem finanziellen Bankrott und wird in seinen Einzelteilen verscherbelt. Familie Neumann wird dabei als Sonderangebot angepriesen, schließlich sind sie eine Familie mit leichten Schwächen. Und da dürfte die Entwicklungsstörung der Tochter (Kassidy Bogdan) nicht der gravierendste Makel sein. Und tatsächlich interessiert sich ein neureiches Pärchen (Robina Böhl und Jonas Rubeck) für diese Schrottfamilie. Doch im Kleingedruckten des Kaufvertrages findet sich so manche Überraschung.

Die Oberstufentheatergruppe hat sich unter Leitung von Sandra Altmann ein Stück ausgewählt, das dem Publikum – man darf das hoffentlich so hochtrabend nennen - philosophische Denkanstöße gibt: Was macht den Wert eines Menschen aus? Ist es sein Besitz, sein Beruf, seine Familie, seine körperliche Konstitution? Und wie steht es mit Persönlichkeit, Wünschen, Absichten, Enttäuschungen? Georg Heinzens „Sale“ bohrt nicht in die Tiefe und gerade diese Oberflächlichkeit macht das Stück umso wirkungsvoller.

Maske (Sibylle Häusler), Musik (Peter Straßer), Technik (Justin Bülow und Martin Thoma) und Kostümierung waren passend gewählt, mit viel Liebe und Engagement werden Details herausgearbeitet, die die Stimmung des Stückes transportieren. So brummt ein Elektromäher durch den Garten von Familie Schuster (Andreas Plank und Isabell Blum-Friedl) und Vater Neumann macht sich im Homer-Simpson-Bademantel grummelnd seinen Kaffee, ehe er mit seiner Frau Christina (Kate Westermaier), die im Edeka-Shirt am Tisch sitzt, wegen einer Kleinigkeit in Streit gerät. Auch für die Beinverletzung von Johanna Dachs konnte durch den Rollstuhl eine sehr effektvolle Lösung gefunden werden. So wirken die auftretenden Figuren authentisch, als würde der Zuschauer tatsächlich einen Blick in Familie Neumanns Wohnzimmer werfen dürfen, in dem entweder schon alles kaputt ist oder demnächst kaputt zu gehen droht.

Vor allem aber den Schauspielern und Schauspielerinnen muss man Respekt aussprechen! Komödie gut zu spielen, ist eine schwierige Aufgabe. Das Marquartsteiner Publikum hatte sichtlich Spaß beim Zuschauen, vor allem deshalb, weil man den Spaß der Schüler spürte, genau dieses Stück zu spielen. Und jedem bleiben einige Highlights in Erinnerung: Die beiden Menschenmakler (Sophie Häusler und Leander Gräf) präsentierten ein wahres Comedyprogramm, und trotzdem bleibt einem manchmal das Lachen im Halse stecken. RPs (Lukas Entfellner) rippenbrehender Todes-Stunt sorgte für Action, ehe das gesamte Bühnenbild am Ende zu Bruch geht.

Es war ein kurzweiliger, komischer, zum Nachdenken anregender und in keinem Augenblick langweiliger Abend!

Text: Sabine Littmann, Bilder: Sandra Altmann